Obwohl es häufig als Einsatzgebiet angeführt wird, ist die Rolle von Cannabidiol (CBD) in der Schmerztherapie wissenschaftlich bisher noch geklärt.  So fehlten bisher beispielsweise Studien, die die Wirkung auf die Schmerzwahrnehmung in einem Humanexperiment untersuchten. Zwei rezente Studien in gesunden Probanden versuchen, das Verständnis hierzu zu vertiefen.

Die erste Studie untersuchte die Wirkung von CBD auf akute Schmerzen, insbesondere auf Hyperalgesie und Allodynie.1 Zwanzig gesunde Probanden nahmen an dieser randomisierten, placebokontrollierten, doppelt verblindeten Crossover-Studie teil, in der die Schmerzintensität (anhand einer numerischen Ratingskala), sekundäre Hyperalgesie (von-Frey-Filament) und Allodynie (trockenes Wattestäbchen) in einem gut Akutschmerzmodell mit intradermaler elektrischer Stimulation untersucht wurden. Die Autoren verglichen die Wirkung von 800 mg oral verabreichtem CBD auf den Schmerz im Vergleich zu Placebo. Sie untersuchten außerdem die Wirkung auf Hyperalgesie und Allodynie.

Die Schmerzintensitäten (Mittelwert ± SD) unterschieden sich nach der CBD-Applikation nicht signifikant von Placebo (5,2 ± 0,7 vs. 5,3 ± 0,7, P-Wert 0. 928), noch unterschieden sich die Bereiche der Hyperalgesie und (Hyperalgesie 23,9 ± 19,2 cm2 vs 27,4 ± 17,0 cm2, P-Wert 0,597; Allodynie 16,6 ± 13,1 cm2 vs 17,3 ± 14,1 cm2, P-Wert 0,884).

Die zweite Studie verfolgte einen Ähnlichen Ansatz, fügte der Untersuchung allerdings noch zusätzlich die Dimmension der Erwartungshaltung hinzu.2 Das Ziel war es, die Auswirkungen von CBD und die Erwartungshaltung, CBD zu erhalten, auf die Schmerzreaktivität beim Menschen experimentell zu testen. Unter Verwendung eines crossover, 2 × 2 faktoriellen balancierten Placebodesigns wurden die Verabreichung von CBD oder Placebo und die verbalen Instruktionen (ob Placebo oder CBD verabreicht werden) experimentell manipuliert. Fünfzehn gesunde Erwachsene absolvierten jeweils vier separate experimentelle Sitzungen. Die Teilnehmer wurden bei jeder Sitzung zufällig verschiedenen gegensätzlichen Manipulationsbedingungen zugewiesen: Kontrolle (inaktive Substanz gesagt – inaktive Substanz gegeben); Erwartung (aktive CBD gesagt – inaktive Substanz gegeben); CBD (inaktive Substanz gesagt – aktive CBD gegeben); und Erwartung + CBD (aktive CBD gesagt – aktive CBD gegeben). Primäre Endpunkte waren Schmerzschwelle, Toleranz, Intensität, Unangenehmkeit, konditionierte Schmerzmodulation (CPM) und Offset-Analgesie (OA). Die CPM und die offset-Analgesie sind zwei Surrogate für die endogene Absteigende Schmerzhemmung, also der körpereigenen Möglichkeit, die Fortleitung schmerzhafter Signale zu filtern.

Es gab einen signifikanten Haupteffekt der Instruktionen auf die offset-Analgesie, so dass die OA-Reaktion signifikant größer war, wenn den Teilnehmern gesagt wurde, dass sie CBD erhielten, unabhängig vom Wirkstoffgehalt. Die Unangenehmkeit des Schmerzes wurde in den Bedingungen CBD, Erwartung und Erwartung + CBD im Vergleich zur Kontrollbedingung signifikant reduziert. Die Bedingungen „CBD“ und „Erwartung“ verbesserten separat die CPM, während die Bedingungen „Erwartung + CBD“ und „Kontrolle“ die niedrigsten CPM-Veränderungswerte ergaben. Wir konnten keine signifikanten Effekte für die Schmerzschwelle, die Toleranz oder die Intensität feststellen. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass einzelne Schmerzergebnisse durch CBD und/oder die Erwartung, CBD zu erhalten, unterschiedlich beeinflusst werden können.

Die Ergebnisse sind in zweierlei Hinsicht interpretierbar. Offensichtlich gibt es, gemäß der ersten Studie, keine klare Wirkungsweise von CBD auf Schmerzschwellen, bzw. auf eine sekundäre Hyperalgesie. Andererseits lässt die zweite Studie die Schlussfolgerung zu, dass die Erwartungshaltung ein relevanter Modulator für einen eventuellen Effekt von CBD ist. Dies entspricht einerseits der klinischen Erfahrung; andererseits konnten ähnliche Effekte bereits für eine Reihe anderer Substanzen gezeigt werden.

Insgesamt sind die beiden Studien sehr spannend, lassen allerdings noch wesentliche Fragen für weitere Projekte offen. Insbesondere, wie die Ergebnisse bei einer längerfristigen Gabe ausgesehen hätten, bleibt unklar.

1.
Schneider T, Zurbriggen L, Dieterle M, et al. Pain response to cannabidiol in induced acute nociceptive pain, allodynia, and hyperalgesia by using a model mimicking acute pain in healthy adults in a randomized trial (CANAB I). Pain. 2021;Publish Ahead of Print. doi:10.1097/j.pain.0000000000002310
2.
De Vita MJ, Maisto SA, Gilmour CE, McGuire L, Tarvin E, Moskal D. The effects of cannabidiol and analgesic expectancies on experimental pain reactivity in healthy adults: A balanced placebo design trial. Experimental and Clinical Psychopharmacology. Published online April 22, 2021. doi:10.1037/pha0000465

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