Den Daten des europäischen Registers PAIN OUT zufolge liegt die Inzidenz der mittelschweren bis schweren chronischen postoperativen Schmerz (CPSP) nach 12 Monaten bei 11,8 %. Die Inzidenz von CPSP variiert je nach dem durchgeführten chirurgischen Eingriff: Insbesondere nach einer offenen Cholezystektomie und einer Knietotalendoprothese ist die Inzidenz von schwerer CPSP hoch. Verschiedene Risikofaktoren wurden mit der CPSP in Verbindung gebracht: die Art und der Zugang des chirurgischen Eingriffs, insbesondere nach Thorakotomie, Herzoperationen, Hernienoperationen, Mastektomie und Amputationen; Patientenfaktoren, einschließlich des weiblichen Geschlechts und der Tatsache, dass es sich um einen jungen Erwachsenen handelt; vorbestehende Patientenbedingungen, wie z. B. Schmerzen, die bereits vor der Operation vorhanden waren, und vorbestehende schmerzhafte Zustände in anderen Körperteilen; perioperative Faktoren, einschließlich der Dauer und Art des chirurgischen Eingriffs, des Ausmaßes der intraoperativen Nervenschädigung sowie der Schwere und Dauer der akuten postoperativen Schmerzen.

Die Evidenz für Behandlungsoptionen bei etablierter CPSP ist äußerst begrenzt. Als Erstbehandlung sind trizyklische Antidepressiva und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer empfohlen. Lidocain-Pflaster, Capsaicin-Pflaster und Tramadol sind die Behandlung der zweiten Wahl, während Opioide (insbesondere Oxycodon und Morphin) und Botulinumtoxin die letzte therapeutische Option darstellen.

Capsaicin ist ein hochselektiver Agonist des Transient Receptor Potential Vanilloid Typ 1 (TRPV1). Diese befinden sich in den Nerven in der Haut, und sind für die Schmerzüberempfindlichkeit bei neuropathischen Schmerzen verantwortlich [10]. Hohe Dosen oder eine längere Exposition gegenüber Capsaicin führen zu einer Defunktionalisierung von TRPV1. An dieser Desensibilisierung sind Mechanismen beteiligt, die noch nicht vollständig geklärt sind, darunter die Verarmung an Neuropeptiden wie Substanz P in den Nervenfasern, die TRPV1 exprimieren, und ein Anstieg des intrazellulären Kalziumspiegels.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Evidenz aus Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von topisch angewandtem hochkonzentriertem Capsaicin bei CPSP bei Erwachsenen zu überprüfen.1

Insgesamt wurden 14 Studien in diese systematische Übersichtsarbeit einbezogen. Die 14 ausgewählten Studien berichteten über insgesamt 632 CPSP-Fälle, die mit Capsaicin-8%-Pflaster behandelt wurden: 8 davon waren Beobachtungsstudien (601 Patienten), 5 Fallberichte/Fallserien (7 Patienten) und 1 randomisierte Kontrollstudie (24 Patienten).

Insgesamt  wurde das Capsaicin 8%-Pflaster von Patienten mit CPSP im Allgemeinen gut vertragen. Von den 632 Patienten, die das Capsaicin-8%-Pflaster in den in diese Untersuchung einbezogenen Studien erhielten, berichteten 32,3 % über behandlungsbedingte SARs. Die meisten SARs waren selbstlimitierend und leicht bis mittelschwer. Bei den Patienten, die mit dem Capsaicin 8%-Pflaster behandelt wurden, führten keine SARs zum Abbruch der Behandlung. Die am häufigsten gemeldeten SARs waren vorübergehende Reaktionen an der Applikationsstelle. Als Nebenwirkungen wurden lediglich Brennen, Erythem und lokale Schmerzen gemeldet, die leicht zu behandeln waren. Andere häufig gemeldete Nebenwirkungen (<5 % der Patienten) wie Übelkeit, Nasopharyngitis, Bronchitis, Sinusitis, Erbrechen, Pruritus oder Bluthochdruck wurden nicht berichtet.

Zusammenfassend sagen die Autoren dass die Behandlung von CPSP mit 8%igem Capsaicin-Pflaster wirksam, sicher und gut verträglich ist, doch sollten weitere randomisierte kontrollierte Studien zu Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit durchgeführt werden.

1.
Giaccari LG, Aurilio C, Coppolino F, u. a. Capsaicin 8% Patch and Chronic Postsurgical Neuropathic Pain. JPM. 2021;11(10):960. doi:10.3390/jpm11100960

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