Nociplastischer Schmerz und kognitive Leistung

Chronische Schmerzen sind nicht nur körperlich belastend – sie können auch das Gehirn beeinflussen. Eine neue Studie hat sich mit einem besonders komplexen Schmerztyp beschäftigt: dem nociplastischen Schmerz. Dieser entsteht nicht durch Gewebeschäden oder Nervenverletzungen, sondern durch eine veränderte Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem. Die Forschung zeigt nun, dass dieser Schmerztyp mit einem Rückgang der exekutiven Funktionen – also der Fähigkeit zu planen, entscheiden und Probleme lösen – im mittleren Lebensalter verbunden sein könnte.

Die Studie analysierte Daten aus einer großen, longitudinalen Kohorte von Erwachsenen mittleren Alters. Ziel war es, herauszufinden, ob Personen mit Anzeichen von nociplastischem Schmerz über die Zeit hinweg eine stärkere Verschlechterung ihrer exekutiven Funktionen zeigen als Personen ohne diesen Schmerztyp.

Exekutive Funktionen wurden mithilfe neuropsychologischer Tests gemessen, darunter Aufgaben zur kognitiven Flexibilität, Arbeitsgedächtnis und Impulskontrolle. Gleichzeitig wurden Schmerzmerkmale erfasst, etwa Intensität, Dauer und die Art der Schmerzverarbeitung.

Zentrale Ergebnisse:

  • Personen mit nociplastischem Schmerz zeigten signifikant stärkere Einbußen in exekutiven Funktionen über die Beobachtungszeit.
  • Der Zusammenhang blieb auch nach Kontrolle von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und psychischer Gesundheit bestehen.
  • Besonders betroffen waren Funktionen wie kognitive Flexibilität und Arbeitsgedächtnis – Fähigkeiten, die im Alltag etwa beim Multitasking oder bei komplexen Entscheidungen gebraucht werden.

Was bedeutet das?

Die Ergebnisse legen nahe, dass nociplastischer Schmerz nicht nur ein körperliches, sondern auch ein neurologisches Phänomen ist. Die veränderte Schmerzverarbeitung scheint mit einer Beeinträchtigung von Hirnregionen verbunden zu sein, die für exekutive Funktionen zuständig sind – insbesondere dem präfrontalen Kortex.

Praktische Implikationen:

Für Ärzt:innen und Therapeut:innen bedeutet das: Bei Patient:innen mit chronischem Schmerz sollten auch kognitive Funktionen regelmäßig überprüft werden. Eine rein körperliche Schmerzbehandlung greift möglicherweise zu kurz. Interdisziplinäre Ansätze, die auch neuropsychologische und psychotherapeutische Komponenten einbeziehen, könnten effektiver sein.

References

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